Eigentlich war und bin ich ja zeitlebens Abstinenzler. Nicht, daß ich nie im Leben Alkohol angerührt hätte. Aber ich habe mich nie irgendwelchen exzessiven Besäufnissen hingegeben, noch hatte ich je einen der viel gefürchteten Filmrisse.
Demzufolge müßten geringste Mengen bei mir verheerende Folgen haben. Früher war das auch mal so, aber mittlerweile beschleicht mich das Gefühl, der Alk versickert bei mir ins bodenlose...
Wie ich zu dieser These komme? Nun ja, früher brauchte ich "nur mal dran zu riechen", und war schon knülle. Wenn mein einziger Alkoholkonsum an Sylvester lediglich in einem Glas Sekt zum Anstoßen um zwölf Uhr besteht, hat das bislang immer zur Folge gehabt, daß der Alkohol schon nach dem halben Glas oben angeklopft hat.
Wie allgemein bekannt sein dürfte, wirkt Kohlensäure für den Alkohol wie ein Katalysator: diese Kombination geht ratz-fatz ins Blut! Allerdings ist die Alkkonzentration im Sekt nicht allzu hoch, so daß bei einer so geringen Menge der Spuk nach einer halben Stunde wieder vorbei ist. Teilweise funktioniert das auch heute noch so bei mir, aber seltener und schwächer.
Dazu möchte ich zwei Begebenheiten schildern, von denen eine sich Anfang der 90er zugetragen hat, die andere gerade vor zwei Jahren:
Es war zwischen 1990 und 92, als ich eines Abends von der Spätschicht nach Hause kam. Irgendwie hatte ich so ein schwummeriges Gefühl, als ob ich einen gepichelt hätte. Wenn ich mich beduselt fühle, ohne mir was beduselndes eingetrichtert zu haben, ist das meist ein Anzeichen für eine erhöhte Körpertemperatur. Tatsächlich ging es mir dem Abend wirklich nicht so pralle...
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, bestätigte sich mein Verdacht. Das sah mir böse nach fiebriger Erkältung, wenn nicht gar nach Grippe aus! Ok, an dem Tag (ein Freitag) hatte ich zwar frei, war aber mit Bekannten verabredet, denen ich einen Gefallen zugesagt hatte - es ging irgendwie um ne Art Taxidienst. Die Aktion konnte ich getrost knicken, ich konnt ja kaum gerade aus den Augen gucken, dann noch Autofahren? Also habe ich die Fahrerei am Vormittag abgesagt.
Jetzt hatte ich aber noch ein anderes Problem: An diesem Wochenende, also Samstag, sollte ein Elektronikmusik-Festival in Holland stattfinden, auf das ich mich schon lange gefreut hatte und auf das ich unbedingt hin wollte. Was sollte ich nur tun, um dafür (vor allem bis dahin!) wieder fit zu werden?! "Da gibt's nur eins: setz dir'n Grog an...", war die Antwort von Muttern, "...weißt ja, wo der Strohrum steht."
Für welche, die es jetzt nicht kennen: Strohrum hat ca 80 Vol-% Alkohol!!! Ich glaube, mit dem Zeug könnte man zur Not sogar Autofahren - also mit dem Rum als Spritersatz. Und man kann sich vorstellen, daß das Zeug so ziemlich das wiederlichste ist, was man sich als Mensch antun kann. Und noch einen Rat gab mir Muttern mit: "Wenn du dir den Grog reintust, leg dich vorher ins Bett, du kommst sonst nicht mehr rein." Das hab ich ihr schon mal pauschal auf's Wort geglaubt!
So ging ich also her, schnappte mir ein 0,3er Glas, gab zu einem Drittel Strohrum rein und füllte mit Wasser auf. Dazu kam noch ein gehäufter Eßlöffel Zucker, dann erhitzte ich die Mischung in der Mikrowelle. Alleine von dem Geruch, um nicht zu sagen, Gestank wurde mir schon ganz anders... Den Rüssel über das offene Glas zu halten, war angesichts dessen eine Zumutung. Desrum nahm ich mir einen Strohhalm, dann konnte ich beim Trinken das Glas zuhalten.;)
Folgsam, wie ich war, legte ich mich erstmal ins Bett, um mir diese Teufelsmischung reinzuziehen. Boah, war das eklig!!! Nach jedem Schluck mußte ich erst einen Hieb aus der Wasserflasche nehmen, um diesen wiederlichen Geschmack runterzuspülen! Nach der Hälfte habe ich mal versucht(!), aufzustehen. Weit kam ich nicht... Etwa ab da habe ich es auch aufgegeben, mit Wasser nachzuspülen - ich konnte die Flasche kaum noch halten. Den letzten Rest (ca ein Finger breit) hätte ich fast nicht meht geschafft, ich konnte erstens das Glas kaum halten, zweitens traf ich den Strohhalm kaum noch...
Als ich das Höllengebräu endlich bewältigt hatte, warf ich noch einen schemenhaften Blick zur Uhr - es war zwölf Uhr mittags. Dann gingen alle Jalousien runter! Das Karussell fing an zu drehen, der Hubschrauber verlor seinen Heckrotor, der Sittich flog in den Ventilator - KOMA!!!
Gegen Abend wachte ich auf. Schweißgebadet. Klatschnaß! Und mit einem Schädel!!! Der Kater war vom anderen Planeten. Ich rappelte mich also hoch, wechselte die Bettwäsche, packte ein paar Brocken für die Hollandtour zusammen und ließ mir Wasser in die Badewanne ein. Zwischendurch noch zwei Thomapyrin gegen die Hummeln im Kopp, und um halb zehn wieder in die Kiste.
Was soll ich sagen, am nächsten Morgen um vier Uhr ging der Wecker und ich war fit wie'n Turnschuh - ich bin geradezu aus dem Bett gesprungen! Man sagt, Medizin soll wirken, nicht schmecken. Wenn Geschmack und Wirkung umgekehrt proportional ansteigen, kann man sich ausmalen, wie dieses Ekelgesöff auf einen Grippeanflug wirkte...
Etwa 15 Jahre später...
Es war Freitagabend, ich hatte bereits Wochenende. Seit fast zwei Wochen schleppte ich eine Erkältung mit mir rum, die ich einfach nicht loswurde. Zeitweilig wurde mir auch schwummerig dabei. Also dachte ich, versuch doch mal die Nummer mit dem Grog...
Ich hatte zwar keinen Strohrum, aber "Der Gute Pott" mit seinen 54% wird's wohl richten. Denn mach ich ein anderes Mischungverhältnis, dachte ich mir so und setzte zwei Drittel Rum zu einem Drittel Wasser ein. Das wurde mit einer ordentlichen Portion Honig auf ein halbwegs erträgliches Maß "gewürzt" und heiß gemacht. So hatte ich eine große Tasse (350ml) steifen Grog. Den schnabulierte ich mir mehr oder minder genüßlich weg. Wobei von genüßlich auch bei dem Zeug nicht wirklich die Rede sein kann, denn lecker schmeckt anders...
Trotz einer eigentlich komatösen Alkoholkonzentration wollte mich diese Mischung nicht so recht aus den Socken hauen. Ich hatte die Tasse gerade alle, da klingelt das Handy. "Hey, wir treffen uns gleich alle an der Schlagde. Hast auch Bock, vorbei zu kommen?" Ich antwortete: "Ihr habt zwei Möglichkeiten: entweder ihr holt mich ab und habt ein bißchen Spaß mit mir, oder ihr laßt mich einfach hier liegen und sterben." Von meinem Kumpel kam ein konsterniertes "Äääh, wiesooo?" Also fragte ich ihn: "Merkt man mir irgendwie an, daß ich so'n bißchen einen im Schuh habe?" Zur Antwort kam ein verhaltenes "Joah, jetzt, wo du's sagst - so'n bißchen..." Und ich starre völlig betreten auf die leere Tasse, in der sich kurz vorher noch eine komatöse Rummischung befand und war gerade mal leicht angetüdelt! Normalerweise hätte ich nicht mal mehr in der Lage sein dürfen, überhaupt das Handy zu halten!!!
Das war dann der Moment, an dem ich die Erkenntnis erlangte, daß Alkohol trotz ansonsten abstinenten Lebenswandels bei mir ins bodenlose versickert...
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Wir haben Grog-Gläser mit so nem weißen Dekostrich, von dem bis zum Glasrand ist es vielleicht noch 1 cm. Ich darf keinen Grog mehr zubereiten^^
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